BGH: Vermieter haftet für Sturz auf vereistem Gemeinschaftsweg – auch bei beauftragtem Winterdienst
- Roland Kortsik

- 6. Nov.
- 2 Min. Lesezeit
Leitsatz kurz: Die Pflicht des Vermieters, Wege winterlich zu sichern, bleibt mietvertragliche Nebenpflicht – selbst wenn der Winterdienst an eine Hausmeister-/Facility-Firma ausgelagert ist. Deren Versäumnisse werden dem Vermieter als Erfüllungsgehilfen-Verschulden (§ 278 BGB) zugerechnet.
Sachverhalt:
Eine Mieterin stürzte an einem Januarmorgen 2017 auf einem nicht geräumten Zugangspfad eines Mehrparteienhauses in Solms. Für die Gemeinschaftsflächen war eine professionelle GmbH mit Räumen/Streuen beauftragt. Das AG sprach 12.000 € Schmerzensgeld zu; das LG wies die Klage ab mit dem Argument, die Vermieterin hafte nur bei Verletzung eigener Überwachungspflichten. Der BGH hob das Berufungsurteil auf: Die Verkehrssicherung ist mietvertragliche Pflicht der Vermieterin; eine WEG-Zugehörigkeit ändert daran nichts. Bedient sie sich einer GmbH, ist diese Erfüllungsgehilfin – deren Fehlverhalten ist der Vermieterin zuzurechnen. Zur weiteren Aufklärung wurde die Sache an das LG zurückverwiesen.
Gründe – auf den Punkt
Mietvertragliche Nebenpflicht: Sicherung der auf dem Grundstück liegenden Wege in den Wintermonaten trifft den Vermieter auch bei Wohnungseigentumskonstellationen. Ein „Schutzniveaugefälle“ im Wohnraummietrecht lehnt der BGH ab.
Keine Entlastung durch Outsourcing: Die beauftragte Winterdienst-GmbH ist Erfüllungsgehilfin; ihr etwaiges Versäumnis (nicht rechtzeitiges Räumen/Streuen) muss sich der Vermieter zurechnen lassen – ohne dass es zusätzlich einer besonderen Überwachungs-/Kontrollpflichtverletzung bedarf.
Keine abweichende Vereinbarung: Enthält der Mietvertrag keine klare Übertragung der Räum-/Streupflichten auf die Mieterin, bleibt die Pflicht beim Vermieter.
Praxisfolgen
Für Vermieter/WEG/Verwalter
Winterdienst vertraglich präzise beschreiben (Einsatzzeiten, Alarmkette bei Glatteisvorhersage, Kontrollintervalle).
Dokumentation sichern (Wetterlage, Einsätze, Materialverbrauch, Kontrollen); sie ist im Streitfall entscheidend.
Haftpflichtdeckung checken; Regress gegen Dienstleister vertraglich regeln.
Für Mieter
Nach Sturz: Beweise sichern (Fotos der Stelle, Wetterberichte, Zeugen, ärztliche Befunde).
Ansprüche umfassen regelmäßig Schmerzensgeld und Ersatz weiterer Schäden (z. B. Behandlungskosten).
Fundstelle
BGH, Urteil vom 06.08.2025 – VIII ZR 250/23.Vorinstanzen: AG Wetzlar, Urt. v. 16.02.2023 – 35 C 158/21; LG Limburg a. d. Lahn, Urt. v. 06.10.2023 – 3 S 32/23.
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