BGH: „Dumping“-Miete macht Mietvertrag nicht automatisch sittenwidrig
- Roland Kortsik

- 6. Nov.
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Kernaussage: Ein Wohnraummietvertrag ist nicht schon deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil die Miete extrem niedrig ist. Für Sittenwidrigkeit wegen kollusiven Zusammenwirkens braucht es ein bewusstes Zusammenwirken beider Vertragsseiten zum Nachteil des Vertretenen; bloße Kenntnisverdachtsmomente reichen nicht.
Kurzfall
Eine GmbH vermietete 2017 eine 177 m²-Wohnung in Berlin für 600 € nettokalt und gewährte bis 09/2018 Mietfreiheit gegen Renovierung. Die Gesellschaft behauptete, ihr damaliger Geschäftsführer habe mit dem Lebensgefährten der Mieterin kollusiv gehandelt.AG Charlottenburg wies die Räumungsklage ab, LG Berlin erklärte den Vertrag für nichtig; der BGH hob auf und verwies zurück.
Rechtliche Eckpunkte des BGH
Kollusion (§ 138 BGB): Erfordert subjektive Mitwirkung beider Seiten. Grob fahrlässige Unkenntnis oder bloße Verdachtsmomente beim Vertragspartner genügen nicht.
§ 242 BGB (Rechtsmissbrauch): Nur bei objektiv evidenten Missbrauchsindikatoren musste die Mieterin nachfragen; ein allgemeiner „Billigkeitstest“ reicht nicht.
§ 166 BGB (Wissenszurechnung): Kein Anknüpfungspunkt, wenn der Lebensgefährte keine Stellvertretung übernimmt.
§ 141 BGB (konkludente Bestätigung): Ein Rundschreiben der GmbH mit neuer Kontoverbindung ist keine eindeutige Vertragsbestätigung.
Praxisfolgen
Gesellschaften/Vermieter: Interne Beschlüsse und Freigaben sauber dokumentieren; bei Sonderkonditionen Entscheidungswege festhalten. Für Anfechtungen braucht es harte Tatsachen zum Zusammenwirken.
Mieter:innen: Auch sehr günstige Mieten sind nicht per se risikobehaftet – entscheidend ist keine Beteiligung an einem Missbrauch.
Gerichte/Anwälte: Sorgfältig zwischen Missbrauch der Vertretungsmacht und echter Kollusion trennen; Beweismaß beachten.
Fundstelle
BGH, Urteil vom 26.03.2025 (VIII. Zivilsenat), Aufhebung und Zurückverweisung im Verfahren gegen das LG Berlin; Vorinstanz u. a. AG Charlottenburg.


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