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Gericht kippt fristlose Kündigung nach KI-Interview-Skandal



Arbeitsgericht München: Kein wichtiger Grund für sofortige Entlassung einer Chefredakteurin


Die fristlose Kündigung einer Chefredakteurin wegen eines manipulierten Interviews mit dem ehemaligen Rennfahrer Michael Schumacher war unzulässig. Das entschied das Arbeitsgericht München am 29. Februar 2024 (Az. 13 Ca 4781/23).

Hintergrund des Falls war ein Artikel in einem Boulevardmagazin, in dem ein angebliches Interview mit Schumacher erschien – tatsächlich wurden die Aussagen mithilfe künstlicher Intelligenz erzeugt. Die Redaktion machte die Veröffentlichung nicht ausreichend transparent, was zu öffentlicher Empörung führte. Der Verlag reagierte mit der sofortigen Kündigung der verantwortlichen Chefredakteurin.

Das Gericht stellte jedoch klar: Trotz einer erheblichen Pflichtverletzung lag kein ausreichender Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB vor. Eine Abmahnung hätte vorab erfolgen müssen. Auch sei nicht belegt, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar gewesen wäre.

Zwischen Presseethik und Verlagsinteressen

Besonders bemerkenswert ist die Einordnung des Gerichts, dass im Boulevardjournalismus häufig mit Zuspitzungen gearbeitet wird und die Chefredakteurin daher nicht erkennen musste, dass dieser Fall eine Grenze überschreitet, die eine Kündigung rechtfertigt. Auch die Frage, ob der Betriebsrat hätte einbezogen werden müssen, blieb offen.

Verhältnismäßigkeit und Alternativen zur Kündigung

Selbst wenn eine Pflichtverletzung feststand, hätte der Verlag mildere Maßnahmen prüfen müssen – etwa eine Versetzung. Angesichts der langjährigen Betriebszugehörigkeit, der bisherigen Leistungen und einer anerkannten Schwerbehinderung der Klägerin sei die Kündigung unangemessen gewesen.

Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wurde ebenfalls verworfen, da sie ohne vorherige Abmahnung nicht verhältnismäßig war.

Fazit

Das Urteil unterstreicht: Auch gravierende Fehler rechtfertigen nicht automatisch eine sofortige Trennung. Eine Kündigung muss immer das letzte Mittel sein – nach sorgfältiger Abwägung und unter Berücksichtigung milderer Alternativen.


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